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VOB setzt sich mit der Förderung Begabter auseinander

Die VOB hat sich anlässlich ihrer Herbsttagung am 18./19.09.18 mit bildungspolitischen Grundsatzfragen beschäftigt. In diesem Zusammenhang sind folgende Beschlüsse getroffen worden:

Die VOB erneuert und bekräftigt Forderungen zur bildungspolitischen Entwicklung in Berlin aus der VOB-Tagung von 2016:

Die Vielfalt der Berliner Gymnasien in der Mittelstufe (Klassenstufen 5 bis 9) ist zu wahren; dadurch sind einerseits altsprachliche, bilinguale, mathematisch-naturwissenschaftliche, musik-, kunst- und sportbetonte Züge und solche zur Förderung von Höher- und Hochbegabung (z.B. Schnelllerner) und andererseits die in Deutschland einmalige Vielfalt an möglichen Fremdsprachenfolgen zu erhalten.

Das Berliner Kurssystem aus fünfstündigen Leistungs- und dreistündigen Grundkursen muss erhalten bleiben und entsprechend personell ausgestattet werden. Die Öffnung, dass eine Schule mit Oberstufe, zukünftig selbst zu entscheiden hat, ob sie ihren Schülerinnen und Schüler die Belegungen von ausschließlich zwei Leistungsfächern oder die Wahlmöglichkeit zwischen der Belegung von zwei oder drei Leistungsfächern anbietet, wird ausdrücklich begrüßt.

Der Beginn der Schullaufbahn an einer weiterführenden Schule ab Jahrgangsstufe 5 muss in Berlin so lange ein Alleinstellungsmerkmal des Gymnasiums sein, bis alle Berliner Gymnasien ausschließlich einen – wie bundesweit üblich – achtjährigen Bildungsgang anbieten. Eine höhere Flexibilität und Genehmigungsbereitschaft der für die Schule zuständigen Senatsverwaltung ist bei Anträgen von Gymnasien auf Erweiterung des sechs- auf einen achtjährigen Bildungsgang sicherzustellen.

Die VOB bekräftigt ihre Auffassung, dass die Jahrgangsstufen 5 und 6 für die Lernerfolgsorientierung vor der Pubertät von besonderer entwicklungspsychologischer Bedeutung für Lernende sind. Die Berliner Gymnasium stellen sich der Kernaufgabe „Förderung und Forderung von vergleichsweise leistungsstärkeren Lernenden ab Klasse 5“ mit dem Ziel der Allgemeinen Hochschulreife nach 12 Jahren in bewusster und vielfältiger Weise. Vergleichsweise stehen den Gymnasien dafür jedoch bei größeren Klassengrößen als in der Grundschule weniger Ressourcen zur Verfügung.  Differenzierung und Individualisierung des Lernens wird i.d.R. ohne übliche Unterstützungssysteme durch z.B. Erzieher/Erziehrinnen oder durch Team-Teaching geleistet. Die VOB fordert eine Erhöhung der Zumessung von Stunden für die Einrichtung von Teilungsstunden für die Jahrgangsstufen 5 und 6 an den Berliner Gymnasien. Dabei soll eine Orientierung an dem Zumessungsfaktor für ein Kind in einer fünften oder sechsten Grundschulklasse erfolgen, denn eine Förderung auf einem erhöhten Leistungsniveau (durch die Einrichtung von Teilungsunterricht zur Individualisierung von Bildungswegen, durch Drehtürmodelle, durch eine erhöhte Praxisorientierung z.B. in den Naturwissenschaften und beim Fremdsprachenerwerb sowie durch eine vernetzte Wissensvermittlung mit Hilfe von Enrichmentangeboten in und außerhalb des Unterrichts) kann man nicht zum Nulltarif erwarten.

Im Zusammenhang mit den Jahrgangsstufen 5 und 6 erwartet die VOB, dass bestehende erfolgreiche Systeme gestärkt und weiterentwickelt werden. Neue Programme und Ressourcen im Bereich der Begabungsförderung sollten nicht in erster Linie genutzt werden, um weitere Angebote in diesem Bereich neu zu erfinden und zu etablieren. Die Gymnasien müssen in jede Arbeitsgruppe und in jedes Arbeitsbündnis zum Thema Begabungsförderung ihrer Bedeutung entsprechend einbezogen werden.

Im Zusammenhang mit diesen Forderungen wird angeregt:

  • Die Verbundgruppen zur Begabtenförderung sollten weiter gestärkt werden, um hier im außerunterrichtlichen Angebot geeigneten Lernenden aller Schulformen zusätzliche Angebote zu eröffnen. Die Gymnasien können hier weiterhin Dienstleister sein, denn Knowhow und Gelegenheit sind vorhanden und erfolgreich erprobt.
  • Lernenden der Jahrgangsstufe 10 der Gymnasien, die am Programm „Studieren mit 16“ teilnehmen, muss ein individueller Weg in die Qualifikationsphase ermöglicht werden. Mit dem Blick auf Lernende, die im Jahrgang 10 statt an einem Berliner Gymnasium im Ausland eine Schule besuchen, und die danach zur Probe in das erste Semester der versetzt werden können, müssen hier Einzelfallregelungen möglich werden.
  • Das umfangreiche Angebot, an Gymnasien bis zu vier Fremdsprachen erlernen zu können, erfordert für eine ausreichende Lernprogression einen erhöhen Anteil von Teilungsunterricht. Der Zumessungsschlüssel für Stunden bildet dies nicht in ausreichender Weise ab.
  • Die derzeitige Zuordnung der Zumessungsstunden aus dem Profilbereich II durch die jeweilige Schulaufsicht konterkariert die Rolle der eigenverantwortlichen Schule. Hier brauchen die Gymnasien für eine sinnstiftende Profilbildung Planungssicherheit und Kontinuität aufgrund transparenter Zuweisungsschlüssel. Auf diese Weise können Enrichment-Angebote für alle Schüler*innen ermöglicht werden.
  • Gymnasien, die Ganztagsschulformen etablieren wollen, müssen in weitaus kurzfristigeren Bewilligungsverfahren die Möglichkeit hierfür erhalten. Die Ausgestaltung eines Ganztagsprogramms im Sinne einer begabungsfördernden Individualisierung von außerunterrichtlichen Angeboten stellt eine Chance dar.
  • Den Lehrkräften an allen Schulen müssen Ressourcen für Diagnose, Beratung und Begleitung von individuellen Lernwegen bereitgestellt werden. Zusätzliche und z.T. als illegitime empfundene Aufgaben im Bereich der Datenerhebung sollten in diesem Zusammenhang ersatzlos gestrichen werden. Jede Schule sollte vorrangig diejenigen Daten erheben und auswerten können, die sie selbst für den Prozess und zu ihrer eigenen Verwendung benötigt.